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Über die fehlenden Fortschritte bei der Digitalisierung in Deutschland ist bereits viel geschrieben worden. In einer aktuellen civey-Umfrage geben 51,5 % der Befragten an, seit der Corona-Pandemie keine Verbesserungen in diesem Bereich zu sehen. Weitere 8,9 % sind sogar der Meinung, die Situation hätte sich verschlechtert.

Wasser auf die Mühlen dieser Skeptiker ist eine kürzlich beschlossene Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG), die zum 1. August in Kraft tritt. Arbeitsverträge bedürfen ab diesem Zeitpunkt de facto wieder der Schriftform, müssen also auf Papier unterschrieben werden. Da für wesentliche Vertragsbedingungen wie beispielsweise Kündigungsverfahren, Urlaub, betriebliche Altersvorsorge oder berufliche Fortbildungen ein explizites Schriftformerfordernis gilt, müssen die Verträge ausgedruckt, von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben und persönlich übergeben bzw. postalisch versendet werden.

Eine Unterzeichnung mit einer digitalen Unterschrift, die inzwischen in vielen Betrieben üblich ist, reicht ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit behandelt und einer Geldbuße von 2.000 € geahndet. Bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen von 2019 ist die Bundesregierung (wieder einmal) über das Ziel hinausgeschossen. Andere Länder folgen der Empfehlung der EU, digitale Wege zur Umsetzung der Richtlinie zu wählen. Das offenbar noch immer dem Analogen verhaftete BMAS konterkariert auf diese Weise nicht nur die Digitalisierungspläne der Ampel-Koalition. Die Umsetzung des Gesetzes ist ein Rückschritt und wird nach Meinung von Experten zusätzlichen bürokratischen Aufwand für Unternehmen erzeugen.

 

Befragungszeitraum 22.6.-22.7.2022, Stichprobengröße 2.500, statistischer Fehler 3,4%