Seit gut 20 Monaten bestimmt die Covid-19 Pandemie unser Leben. Wie unter einem Brennglas werden seither die Probleme eines Landes sichtbar, das sich einst als Weltmeister des Organisierens und der Lösungsorientierung verstand.
Papierakte bleibt Standard in deutschen Amtsstuben
Kein Zweifel: Schon vor der Pandemie war Deutschland in Sachen Digitalisierung bestenfalls mittelmäßig. Der Handlungsbedarf in den zentralen Bereichen war schon vorher groß. Seit Jahren zeigen europäische Statistiken: Die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, Heimat global erfolgreicher Technologiekonzerne und einst Wiege moderner Verwaltung ist im EU-Vergleich bei der Digitalisierung öffentlicher Dienste abgeschlagen – auf dem 21. Platz. Bei der Inanspruchnahme von E-Government-Diensten sieht es noch schlechter aus – mit einer Quote von nur 49 Prozent belegt Deutschland einen traurigen 26. Platz. Dennoch lief es – mehr schlecht als recht und irgendwie – mit der Digitalisierung in Deutschland. Von Konstanz bis Flensburg das gleiche Bild: man wurstelte sich so durch. Und dann kam die Pandemie.
So geballt hatten sich die Probleme noch nie gezeigt. Ausgerechnet in der Heimat von Made in Germany, dem Hotspot der Erfinder und Ingenieure offenbart sich ein dramatisch schlechter Stand der Digitalisierung. Geradezu so als seien Innovationen in den vergangenen Jahrzehnten an zentralen Bereichen folgenlos vorbeigegangen, in den Verwaltungen, in den Gesundheitsämtern, in den Schulen.
Verwaltungsmodernisierung als Wahlkampfthema?
Langsam beginnt die politische und gesellschaftliche Aufarbeitung der Krise. Die Diskussion wird weiter Fahrt aufnehmen, findet sie doch vor dem Hintergrund bevorstehender Landtagswahlen und der Bundestagswahl statt. In einer Reihe von Blogbeiträgen werde ich verschiedene Aspekte des digitalen Versagens während der Covid-19-Pandemie aufgreifen. Ich werde aber auch von Menschen und Projekten berichten, die die Chancen der Krise nutzten und neue, digitale Wege beschritten.
Es steht die Frage im Raum, ob die Krise wirklich einen politischen Paradigmenwechsel einleiten wird. Das Wahlprogramm der CDU/CSU beispielsweise sieht viele konkrete Schritte vor, um durch die Digitalisierung das Land voranzubringen. Der CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus fordert eine Modernisierung des gesamten Staates. Brinkhaus: „Wir brauchen eine Jahrhundertreform – vielleicht sogar eine Revolution.“ Die Grünen wiederum scheinen die Digitalisierung in erster Linie als Instrument zu sehen, die eigene politische Agenda umzusetzen. Nach dem Motto: gut ist, was dem Klima und der Mobilität dient. Um Freiheitsrechte geht es der FDP und der SPD um Teilhabe. Einen richtig großen, ganzheitlichen Masterplan für ein digitales Deutschland hat bisher keine Partei erkennen lassen.
Zunehmende Kritik an schleppender Digitalisierung
Und die Menschen in unserem Land? Sie sind weiterhin genervt von schlecht vernetzten Gesundheitsbehörden, den Problemen bei der digitalen Bildung und der oft miserablen Qualität der IT-Infrastruktur. Sie haben zwar überwiegend die Hoffnung auf einen Digitalisierungsschub nach Überwindung der Krise, befürchten zugleich aber auch, dass Behördenmentalität und fehlende finanzielle Mittel alle Ankündigungen wieder nur Lippenbekenntnisse bleiben lassen.
Wie sehen Sie die Situation? Ich lade Sie herzlich ein zum Dialog darüber, wie wir die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland schneller und erfolgreicher vorantreiben können.